Mittwoch, 4. November 2009

Beobachtung

Inspiriert durch die Lektür des dritten Bandes der "Gespräche mit Gott" kam mir gestern folgendes in den Sinn:
1. Szene "Sterbehilfe"
In einem Krankenhaus. Auf der Station liegen viele alte Menschen. Die Krankenschwester biegt um die Ecke - auf ihrem Wagen liegen fein säuberlich, wie Operationsbesteck aufgereiht, Pistolen, Gewehre und Handgranaten.
Sie pirscht sich an das Zimmer Nummer 21 an, sie zückt eine Handgranate und bombt die Türe weg. Eine zweite Krankenschwester robbt vor und gibt Maschinengewehrsalven in das Zimmer ab. Jetzt Schüsse aus dem Zimmer - haarscharf zischt die Kugel an der Schwester vorbei. "Angriff! Los, los los!" brüllt die erste Schwester und in einem zügigen Manöver rücken die Schwestern vor. Mit einem gezielten Schuss erlegt sie den Senioren, der sich hinter dem Bett verschanzt hatte und gerade seine Patronen nachladen wollte. Die Krankenschwestern jubeln und der Oberarzt kommt herein: "Gut gemacht, meine Damen."
2. Szene "Gefallen im Einsatz"
Irgendwo in einer verwüsteten Landschaft in der Ferne Bombendonner und Gewehrschüsse. Panzer fahren von links nach rechts. Befehle werden quer durch das Schlachtfeld gebrüllt. Mitten in dem Gewühl bettet ein Soldat einen gegnerischen Soldaten auf eine Decke und zückt ein kleine Tasche. Er nestelt herum und fingert dann aus einem Röhrchen ein paar Tabletten heraus und reicht sie dem Gegener. Der bedankt sich, schluckt die Tabletten herunter und sinkt langsam in sich zusammen. Der Soldat prüft den Puls und nickt zufrieden - tot. Als er sich zum gehen wendet, kommt der Offizier, der die Szene beobachtet hatte herbeigestürzt und schreit ihn an: "Sie sie bescheuert? Das ist Sterbehilfe! Das ist strafbar!"

Damit kein falscher Eindruck entsteht: das Buch "Gespräche mit Gott" propagiert keineswegs Gewaltverehrrlichung. Mitnichten.
Es verdeutlicht mir vielmehr auf klare Art und Weise, dass das was wir für selbstverständlich oder normal halten, nur so lange Bestand hat, wie man es voneinander isoliert betrachtet und bloß nicht das gesamte System von Überzeugungen und tradierten Annahmen hinterfragt.

Jemanden zu töten, der einen darum bittet, ist Mord?
Jemanden zu töten, der leben will, ist eine Heldentat?

Geht's noch?
Wir sollten schleunigst und gründlich überdenken, was wir da die ganze Zeit so denken.

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